Wieviel Wasser muss man auf dem Pacific Crest Trail tragen?

Die ersten 700 Meilen des Pacific Crest Trails werden landläufig auch einfach „die Wüste“ genannt und damit stellt sich recht schnell die Frage wieviel Wasser muss man auf dem Pacific Crest Trail tragen.

2006 hatte einer der angehenden PCT-Thruhiker den Spitznamen  2 Gallons bekommen, weil er mit knapp 8 Litern Wasser (also 2 Gallonen) von der Grenze aus gestartet war. 8 Liter Wasser sind 8 Kilo Mehrgewicht im Rucksack!

Wieviel Wasser man auf dem Pacific Crest Trail tragen muss ist keine ganz einfache Frage, aber aus meiner Sicht eine der Fragen, die man sich unbedingt im Detail anschauen sollte. Der Pacific Crest Trail streift die Anza-Borrego-Desert, die Mojave Desert und verläuft einen Teil entlang des Aqueducts, das Wasser aus den Bergen nach L.A. pumpt. Man läuft parallel zu einer riesigen wasserführenden Pipeline während man selber in der Hitze 6 Liter Wasser schleppen muss, um nicht zu verdursten. Auch später in Nordkalifornien wird man entlang des Hat Creek Rim mit hohen Temperaturen und wenig Wasser zu kämpfen haben und die Lektionen, die man hoffentlich in Südkalifornien gelernt hat, um wassertechnisch klarzukommen, werden recht hilfreich sein.

Was passiert, wenn man zu wenig trinkt

Ich bin kein Mediziner und kann deswegen nur auf eigene Erfahrungen und Wikipedia zurückgreifen. 

Der Körper benötigt Wasser sowohl in den Blut-Gefäßen zum Transport von Nährstoffen und Atemgasen als auch in den Zellen zur Aufrechterhaltung des Stoffwechsels und zur Thermoregulation. (Wikipedia zum Thema Verdursten)

Beim Thema Thermoregulation kommt dann übrigens auch der fiese Zusammenhang von zu wenig Wasser und Hitzschlag zum Tragen. Wenn man sich eine unvollständige Liste der Todesfälle auf dem PCT anschaut, dann ist Hitzschlag auf jeden Fall schon vorgekommen.

Was zuviel Wasser auf dem Pacific Crest Trail bewirkt

Theoretisch kann man auch zuviel Wasser trinken. Das soll hier aber jetzt ganz klar nicht das Thema sein. Wasser ist schwer. Ziemlich genau 1kg auf den Liter. Und eben genau dieses Gewicht kann uns das Leben schwer machen. Mehr Gewicht im Rucksack führt einen Rattenschwanz von negativen Effekten mit sich. Meine Grundlegenden Gedanken zum Thema Gewicht habe ich in dem Beitrag „die positive Gewichtsspirale“ mal runtergeschrieben.

In Kurzform führt ein schwerer Rucksack (z.B. aufgrund von einer hohen Wasserlast) zu einer niedrigeren Gehgeschwindigkeit verbunden mit einer höheren Anstrengung und Belastung für den Körper. 

Gerade in Bezug auf Wasser kann ich es nur wie ein Mantra niederbeten oder auch in den Worten eines PCT-Hikers von 2006 wiedergeben. 

„Soviel Geld kannst Du gar nicht für ultraleichte Ausrüstung ausgeben, wenn Du mit 1 Liter Wasser im Rucksack an einer Quelle vorbeiläufst“

Wir tragen unsere Ängste

Gerade zu Beginn des PCTs haben die Hiker oft wenig Erfahrung was das Laufen bei warmen Temperaturen angeht. Fehlende Erfahrung sowie die Angst vor Durst und den negativen Folgen einer Dehydration führen dazu, dass man mal lieber ein bisschen mehr Wasser tankt…sicher ist sicher. Durch das sammeln von Erfahrung und das Hinterfragen seiner eigenen Strategien und deren Anpassung werdet Ihr bald weniger Wasser tragen als noch zu Anfang

Wie man mit weniger Wasser auskommt

Da ich 2006 einen schweren Bandscheibenvorfall auf dem PCT erlitten hatte waren für mich bei meinem 2008 PCT-Thruhike genau zwei Dinge sehr wichtig. Ein leichter Rucksack und ausreichend zu Trinken, damit meine Bandscheiben gut mit Flüssigkeit versorgt werden würden. Mit anderen Worten war ich der perfekte Kandidat, um viel Wasser zu schleppen, schließlich kannte ich die negativen Folgen von zu wenig Wasser ja nur zu gut. Ich bin dann trotzdem mit vergleichsweise wenig Wasser sehr gut klargekommen.

Ich habe selbst bei den längsten wasserlosen Strecken nie mehr als 6 Liter Wasser getragen und vielleicht hätte es sogar mit noch weniger geklappt ohne irgendwelche Probleme zu bekommen. Ansonsten waren es selten über 4 Liter.

Hier ist meine Strategie:

  1. Trinke ausreichend (viel) Wasser an jeder sich dir bietenden Wasserstelle! Wasser, dass Du jetzt trinkst (und zwar viel) brauchst Du für mal mindestens die nächste Stunde nicht im Rucksack tragen. Inwiefern ein sogenanntes „Cameling-Up“ also das Trinken von mindestens einem Liter oder mehr an jeder Wasserstelle eine gute Idee ist, konnte ich jetzt nicht wissenschaftlich belegen. Wer hier ne gute Textquelle findet, darf sich gerne bei mir melden.
  2. Weisst Du wie schnell du mit Deinem Rucksack wanderst und wie lange es dauert bis du z.B. 8km gelaufen bist? Das solltest Du wissen, da Du dann auch weißt wie lange es dauert bis Du bei der nächsten Wasserquelle bist.
  3. Wieviel Wasser brauchst Du überhaupt? Schau Dir jeden Tag und zwischen jeder Wasserstelle genau an wieviel Wasser Du überhaupt getrunken hast. Du solltest nur Wasser tragen, dass Du auch wirklich brauchst.
  4. Schau Dir an wo ALLE Wasserquellen entlang des Weges sind und nutze sie. Faulheit kann hier Dein größter Feind sein. Natürlich ist „bequemer“ etwas von den 7 Litern aus Deinem Rucksack zu trinken anstatt Wasser zu filtern, um das nächste Teilstück zu bewältigen. Allerdings darfst Du dich dann auch fragen wie bequem/sinnvoll es ist die ganze Zeit etwas zu tragen, dass Du alle paar Kilometer auch ungetragen zu Dir nehmen könntest.
  5. Nutze den Wasserbericht von PCT-Water um auf dem aktuellen Stand zu bleiben was die Wassersituation auf dem Trail angeht. Andere gute Informationsquellen sind die Smartphone-Apps von Halfmile, Guthook und Hikerbot.  Wer die kostenlose Halfmile-App nutzen möchte, der muss sich beeilen. Sie wird am 15.März eingestellt. Alle, die sie vorher installieren können sie weiter nutzen.
  6. Schütte Wasser weg, wenn Du merkst, dass Du zu viel dabei hast. 1 Stunde vor der nächsten Quelle noch 2 Liter Wasser hintendrin und Durst hast Du auch keinen? Weg mit dem Wasser und merk dir das für die Planung des nächsten Abschnittes.
  7. Nimm ruhig auch mal Durst in Kauf. Wenn Du eine verlässliche Wasserstelle anläufst, dann ist es nicht tragisch, wenn Du die letzte Stunde/halbe Stunden auch ein bisschen Durst hast. Jedes Kilo Wasser, dass Du an der nächsten Wasserstelle noch im Rucksack hast, ist einfach zuviel.
  8. Im „normalen“ Leben soll man 2 Liter Wasser am Tag trinken, was ich in den seltensten Fällen schaffe. 2008 habe ich auf dem PCT häufig zwischen 6-8 Liter Wasser am Tag getrunken.
  9. Wer viel trinkt und viel schwitzt verliert Salze, die man prima in Form von Elektrolyten in Pulverform wieder zu sich nehmen kann. Dann schmeckt das Wasser auch gleich viel leckerer 🙂

 

Zwischenfazit

Viel Wasser im Rucksack ist sehr häufig schlechter Planung geschuldet. Hierbei muss man im Auge haben, dass die Tourenplanung vorab dann während der Tour dauernd mit der Realität abgeglichen werden muss. Dir fällt auf, dass Du morgens, wenn es noch kühl ist und du ausgeschlafen und erholt bist schneller läufst als mittags, wenn Du schon ein paar Kilometer gelaufen und etwas müde bist? Plan das für die nächsten Abschnitte mit ein!

Mitdenken kostet nichts und reduziert das Rucksackgewicht in einer Höhe, die Du nie mit dem Kauf von UL-Ausrüstung erreichen könntest.

Strategien für heißes Wetter und lange wasserlose Streckenabschnitte auf dem PCT

Das hat sich bis dato wirklich so angehört als müsste man nur ordentlich planen, ein bisschen aufmerksam schauen, was man so macht und schon ist man bei der perfekten Wasserstrategie.

Ich weiß selber, dass das natürlich zu kurz gedacht ist. Es kann tatsächlich mal Strecken geben, die sich nicht einfach mit wenig Wasser laufen lassen nur weil man weiß wie schnell man läuft und wieviel man trinkt.

  1. In der Mittagshitze benötigt man sicher mehr Wasser als wenn es vormittags oder spät am Nachmittag wieder kühler ist. Eine Strategie ist hier die Siesta am Mittag. An einer Wasserstelle macht man ungefähr zwischen 12 und 16 Uhr einfach eine lange Pause und wartet bis es kühler wird. 
  2. Mach eine Nachtwanderung. Durch eine lange Siesta fehlen Dir u.U. Gehstunden. Wenn dann noch eine richtig langer wasserloser Abschnitt ins Haussteht (weiter Tipps ein Stück weiter), dann kann es eine Überlegung sein in der Nacht weiterzulaufen, wenn es schön kühl ist und Dein Wasserbedarf gesunken ist. 
  3. Nachtwanderung die zweite 🙂 Auch wenn eine Nachtwanderung nicht in Deine Wasserstrategie passt, mach trotzdem eine. Bei Vollmond in Südkalifornien auf dem PCT ohne Stirnlampe zu laufen ist eine fantastische Erfahrung.
  4. Nimm einen Schirm mit. Ein sonnereflektierender Schirm spendet beim Laufen Schatten und nimmt zumindest die teilweise enorme Strahlungswärme der Sonne weg. Das hat mir persönlich sowohl 2006 als auch 2008 in Südkalifornien ermöglicht den ganzen Tag über zu laufen. Zusatznutzen ist natürlich auch eine niedrigere Sonnenbrandgefahr ohne zusätzliches Einschmieren.
  5. Dry-Camping. Es ist zwar verlockend an einer Wasserstelle zu übernachten, um abends und morgens Wasser zu haben, allerdings kann das bei langen wasserlosen Abschnitten kontraproduktiv sein. Lieber am späten Nachmittag des Vortages an der letzten Wasserstelle nochmal ordentlich was trinken und dann mit ein paar Litern im Rucksack noch ein paar Kilometer laufen. Am nächsten Morgen früh aufstehen und mit vergleichsweise leerem/leichten Rucksack zu sehen, dass man die Distanz so schnell wie möglich überwindet.

 

Water-Caches auf dem PCT

Die generelle Wassersituation auf dem PCT ist mehr als gut dokumentiert und selbst in Jahren mit viel Wasser sind die Stellen bekannt wo man als Hiker lange Strecken ohne natürlich Wasserquellen auskommen muss. Freundliche Menschen haben nun schon vor Jahren angefangen genau dort Wasserkanister abzustellen wo lange kein natürliches Wasser auf dem PCT zu finden ist. Das ist erstmal total nett und der Aufwand, der hier von diesen Leuten teilweise betrieben wird ist der Hammer.

Da werden 400 Liter Wasser kilometerlang über einen schlecht instandgesetzten Feldweg ins Gelände gefahren, um dann mit dem Rucksack noch einige Kilometer mehr zum PCT gebracht zu werden. Etliche Male laufen die Helfer mit 40kg schweren Rucksäcken hin- und her, damit die PCT-Hiker etwas zu trinken bekommen können wo sonst nichts wäre.

Water-Caches sind allerdings schon immer umstritten. Was hat das in der Wildnis zu suchen? Nimmt das uns nicht einen Teil des Abenteuers, wenn wir Wasser an „jeder Ecke“ bekommen?

Diese Frage darf jeder für sich beantworten. Aus meiner Sicht gibt es aber ein paar Punkte, die ich wichtig finden:

  1. Ein Cache sollte nie eine Wasserstelle sein an der Du „volltankst“. Andere sollen auch etwas davon haben und es wäre echt doof, wenn Du mit den letzten 6 Litern Wasser verschwindest und hinter dir jemand kommt, der das Wasser vielleicht echt dringend braucht.
  2. Achte peinlichst genau auf den PCT Water Report. Wer auf einen Cache baut (auch wenn man nur 2 Liter einplant), der leer ist, der sieht unter Umständen echt bald alt aus.
  3. Lasse den Cache sauber zurück und campe nicht dort.
  4. Lies unbedingt diesen PCT-Artikel zu Leave-No-Trace und Water Caches..

 

Fazit

Trinkwasser ist essentiell für eine erfolgreiche Wanderung auf dem PCT durch Südkalifornien. Neben den o.g. Faktoren wird die Wassersituation auch immer durch die Menge an Schnee, die im Winter in den Bergen gefallen ist begünstigt. Der Startpunkt der Wanderung kann ebenso ein Rolle spielen. Wer ein spätes Startdatum erwischt hat, wird mit höherer Temperaturen und unter Umständen weniger Wasserquellen zu kämpfen haben als jemand mit einem frühen Startdatum.

Trotzdem ist das Thema Wasser ein zu lösendes Problem, wenn man sich die o.g. Tipps durch den Kopf gehen lässt und seine Planung auch unterwegs hinterfragt, anpasst und schaut was man besser machen kann.

Ich drücke allen 2019er PCT.-Hikern die Daumen!