Tourbericht WCT

Der West Coast Trail war für mich eine Initialzündung. Ich war lange nicht mehr draussen mit Zelt und Rucksack unterwegs gewesen und weiß auch gar nicht mehr, wie die Idee eigentlich entstanden ist.

Auf jedenfall bin ich 2003 zusammen mit Buncak, Sylvi und Hummel in den Flieger nach Vancouver gestiegen. Rein gruppentechnisch sollte die Tour ein Desaster werden und jeder Sozialpädagoge hätte die wahre Freude gehabt, jedes unserer unzähligen unter der Oberfläche schlummernden Probleme zu besprechen. Hört sich schlimm an, gell?!

War´s auch! Aber es gab noch so viel mehr schöne, interessante und spannende Dinge, dass die Tour natürlich weiterhin positiv erwähnenswert bleibt. Was davon soll ich zuerst erzählen?

Die Anreise! Rein logistisch wäre es fast perfekt geworden. Flieger von Frankfurt nach Vancouver, bei ´nem Freund von Buncak kostenlos übernachtet, mit dem Bus zur Fähre, mit der Fähre nach Vancouver Island, dort direkt von einem Campingplatzbesitzer abgeholt worden, um noch eine Nacht zu schlafen, bevor wir am nächsten Morgen mit dem Bus zum 200km entfernten Trailhead wollten.

Welcher Bus? Etwa der Bus, der laut Internet fahren sollte, im echten Leben aber dann doch eher 2 Wochen später losfahren wollte?! Und jetzt? „Mietwagen“ meinte Buncak recht entspannt. Klar, die Hälfte der Strecke war Schotterpiste, auf der man mit dem Mietwagen weder fahren sollte geschweige denn, dass man gegen Schäden auf eben solchen Pisten versichert wäre. Und wer hätte die Kiste zurückgefahren?

Der Neffe vom Campingplatzbesitzer, der unter 21 war (da darf man keinen Mietwagen fahren in Kanada, weswegen wir ihn auch nicht als Fahrer hatten eintragen lassen) und dem wir nur vertraut haben, weil wir so verzweifelt waren. War ja auch meine Kreditkarte, die im Fall der Fälle belastet worden wäre.

Aber dann ging alles gut. Wir waren an der Rangerstation am nördlichen Start des Trails angelangt, hatten das Permit bezahlt, alle Infos von den Rangern abgegriffen und konnten frohen Mutes durchstarten.

Und gleich nach den ersten Metern griffen wir in die Outdoortrickkiste! Wie benutzt man einen Wasserfilter, um Wasser von Bakterien und dem gefährlichen Beaver Fever zu befreien? War alles ganz einfach bis auf die Tatsache, dass wir erst ´ne Stunde von der Rangerstation weg waren und auch Wasser hätten mitnehmen können. Doch schon bei der ersten Nutzung des Wasserfilters wurde eines klar… Es macht wenig Spaß, für 4 Leute Wasser zu filtern, weil man sich ´nen Wolf pumpt.

Der Trail war dann am ersten Tag auch recht milde zu uns. Hier und da mal ne Wurzel, über die man klettern musste und ein bisschen Matsch, den die mitgebrachten Gamaschen prima davon abhielten, uns nass und dreckig zu machen. Auch der erste Lagerplatz war schön. Generell ist vorgesehen, dass man immer am Strand schläft, was bei Westlage bedeutet, dass man romantisch jeden Abend der Sonne beim Untergehen zusehen konnte.

Da wir kein Tagebuch geschrieben haben, muss ich jetzt ganz schön in meinem Oberstübchen suchen, um hier wirklich jeden Tag herunterspulen zu können. Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig.

Der Trail überrascht einen sowieso jeden Tag aufs Neue mit irgendwelchen Highlights. Da wären die Cable-Cars. Das sind Seilbahnen, die über kleinere Schluchten oder breitere Flüsse gespannt sind. In Handbetrieb zieht man sich auf die andere Seite und… man errät es schnell, auch dass macht nur beim ersten Mal richtig Spaß. Jetzt bin ich unfair, auch beim zweiten Mal machts noch Spass 🙂

Nicht überall wird einem der Weg jedoch durch Cable-Cars erleichtert. Manchmal hat man sich einfach gefragt, wie dieser als Seenotrettungsweg konzipierte Trail damals in der Praxis funktioniert hat.

Man läuft bei Sturm mit seinem Schiff auf Grund, wird von der Brandung an den Strand gespült und schlägt sich dann auf dem West Coast Trail bis zum nächsten Dorf durch. Durchschlagen bedeutet in total erschöpftem Zustand bis knietief durch Matsch zu waten, in 2m Höhe auf Baumstämmen zu balancieren, 15m vertical an einer glitschigen Leiter hochzuklettern nur, um nach 2 m in der horizontalen wieder 15m vertical abzusteigen. Man kann es nicht anders sagen, die Leute waren früher einfach aus anderem Holz geschnitzt als heute.

Na ja, wir haben das natürlich auch geschafft. Mit Hilfe von Jack Daniels z.B. Man soll es nicht für möglich halten, aber neben einer Espressomaschine samt Edelstahltassen und einem Pfund guten Starbucks-Espresso hatte Buncak auch eine große Glasflasche Jack Daniels Whiskey mit. Wäre ja auch zu schwer gewesen ´ne Kiste Bier mitzunehmen. Ich hab es ja nie für möglich gehalten, dass ich sowas mal in großen Schlucken aus ner Flasche zu mir nehme, aber hey…ich war ja gerade Neptuns Untiefen entkommen und hatte mich den ganzen Tag durch den Wald gekämpft. Ganz zu schweigen von den Weibern, die uns mit Ihrer ständigen „Ich muss hier noch mal ein Foto machen Manie“ an den Rand des Wahnsinns brachten. Wir Männer waren in die Wildnis gekommen, um Sie zu bezwingen, nicht um sie abzulichten. Klar haben wir Männer auch Fotos gemacht, aber halt anders.

Chez-Monique! Wenn alle Hoffnung auf dem West Coast Trail verloren scheint, wobei es bei uns dank des guten Wetters nie wirklich soweit kam, werden die Hiker von einer Oase der Gastfreundschaft gerettet. Chez-Monique heisst dieser Ort, den eine Indianer-Familie strategisch günstig direkt an den Trail gebaut hat und mit Cola, Bier, Burgern und anderen kostenpflichtigen Leckereien zumindest für eine Weile darüberhinwegtäuscht, dass die härtesten Abschnitte des Trails noch vor einem liegen.

Und wer schon bis hierher gelesen hat, wird sicher auch 1-2 Tage warten, bis die restlichen Highlights online gestellt werden.