Test Slingfin Crossbow 2 – Der Wolf im Schafspelz

Slingfin Crossbow 2

Slingfin Crossbow 2 bei Schnee im Kleinwalsertal

Manchmal muss man schon zweimal hinschauen. Wirkliche Produktinnovationen zu finden ist heute gar nicht mehr so einfach. Oft sieht deswegen ein Zelt aus wie das andere. Der Hersteller mag ein anderer sein, die Farbe eine andere und mei…das war es dann auch schon, oder?

Dieser Produkttest wurde von Bergfreunde.de und Mountain Peaks unterstützt. Der Bericht spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wieder. Der Artikel enthält sogenannte Affiliate-Links. 

In letzter Zeit habe ich dann aber schon hin und wieder bemerkt, dass das eine ziemlich oberflächliche Betrachtungsweise ist, die dem einzelnen Produkt kaum noch eine Chance gibt.

Ein zweiter Blick mit ein bisschen Gespür für´s Detail kann hier Gold wert sein und heute möchte ich also einen ersten und zweiten Blick auf das Slingfin Crossbow 2 werfen.

Slingfin ist eine relative junge Marke, die hauptsächlich Zelte herstellt und mit dem Honeybadger einen ziemlich schrägen abgefahrenen Rucksack.

In Tests kommen die Zelte von Slingfin immer unheimlich gut weg. Im deutschsprachigen Raum habe ich allerdings nicht viel finden können. Das Outdoormagazin und Walkonthewildside haben Tests veröffentlicht. Rüdiger von Ich liebe Berge hat zudem ein Interview mit dem Slingfin Gründer auf dem Blog.

Grund genug auch für mich mal einen genaueren Blick auf eines der Zelte zu werfen. In Kooperation mit Bergfreunde.de und MountainPeaks (dem deutschen Distributor von Slingfin) wurde mir kostenfrei ein Slingfin Crossbow 2 Mesh zur Verfügung gestellt. Ich durfte lang testen und habe zudem absolute redaktionelle Freiheit gewährt.

Aller Anfang ist schwer

Das Strutsystem

Das Strutsystem

Beim ersten Aufbau passierten mir gleich zwei Sachen. Da ich eigentlich nie Aufbauanleitungen anschaue, habe ich gleich die erste bemerkenswerte Besonderheit vom Crossbow nicht bemerkt, das sogenannte Strut-System. 

Das Strut-System sind quasi separat anklickbare Gestängekanäle. Das hört sich kompliziert an, was es nicht ist und führt dazu, dass ich das Zelt mit dem Innen- oder auch dem Außenzelt zuerst aufbauen kann. Da man das Innenzelt erst nach Aufbau des Gestänges einklippen muss (was auch wieder super-komfortable geht), kann man das Zelt auch bei widrigem vor allem windigem Wetter gut und schnell aufbauen.

Bei meinem Zelt war es dann so, dass die Spannung des Zeltgestänges viel zu niedrig war. Ein Anruf bei MountainPeaks (aber der Fachhändler eures Vertrauens hätte hier auch helfen können) und ich konnte das Problem selber beheben und mir gleich ein weiteres – für Gearnerds- schönes Detail des Slingfin Crossbow 2 anschauen. Die Gestänge-Abschlußkappen sind nicht verpresst wie ich zuerst dachte, sondern per Gewinde eingeschraubt. Sehr schön gelöst.

Die nackten Fakten

Gerade bei Zelten muss man die nackten Fakten mit ein bisschen Vorsicht genießen. Das Gewicht und der Grundriss sagen einem wenig über den realen Komfort aus. Neben Wetterschutz ist aber Komfort oder nennen wir es besser Raumangebot wichtig, wenn ich mir Gedanken über ein Zelt mache. Mit anderen Worten…geht zum Fachhändler, baut es im Laden auf, legt euch rein und schaut, ob mir mit dem Raumangebot zufrieden seid.

  • Außenzelt: 100% Polyamid Innenzelt: 100% Polyamid 
  • Boden: 100% Polyamid Materialbehandlung: PU-beschichtet, Silikonbeschichtet 
  • Außenzelt Info: 15D Nylon Ripstop 
  • Innenzelt Info: 15D Nylon No-See-Um Mesh 
  • Boden Info: 20D Nylon Ripstop 
  • Jahreszeit: Dreijahreszeiten 
  • Gestänge: 2 x DAC NSL Aluminium 9 mm; 1 x DAC NSL 9,6 mm Aluminium Firsttange 
  • Anzahl Eingänge: 2 
  • Anzahl Apsiden: 2 
  • Abmessungen (außen): 234 x 350 x 105 cm (L x B x H) 
  • Abmessungen (innen): 234 x 126 x 105 cm (L x B x H) 
  • Packmaß: 35,6 x 15,2 cm 
  • Gewicht: 2.060 g 

Gerade die 105cm Innenhöhe merkt man sofort und dank der steilen Wände stellt sich ein sehr angenehmes Raumgefühl ein, gerade natürlich dann, wenn das Wetter bescheiden ist und man sich um jeden cm mehr an Kopffreiheit freut. Schließlich muss man ja jetzt alles im Zelt erledigen.

Ausstattung

Das Zelt kommt von Haus aus mit anständigen DAC-V-Profil Heringen, einem Reparaturset und ausreichend Abspannleinen, um das Zelt sturmsicher aufzustellen.

große Netztaschen

große Netztaschen

Im Innenzelt gibt es an Fuß- und Kopfende große Taschen in die man eine Menge packen kann. Im Kopfbereich sind auch Netztaschen, um z.B. auch eine Stirnlampe zur Beleuchtung reinzutun. Ne ganze Menge Stauraum, um sich im Zelt zu organisieren. Das ist vor allem deswegen prima, weil so die 125cm Breite auch reichen, wenn zwei Trekker mit dem Zelt unterwegs sind. Was nicht in die Netztaschen geht, kann dann problemlos in den Apsiden untergebracht werden. Hier hilft es natürlich schon, wenn man statt dem 75 Liter Trekkingmonsterrucksack was kleineres und vor allem leichteres dabei hat 😉

Die Wandlungsfähigkeit des Slingfin Crossbow

Ich selbst hatte jetzt die Mesh-Variante des Zeltes im Test. Das ist in meinen Augen eine sehr angenehme Variante mit der sehr viele Trekker glücklich werden. Sollten dann die Anforderungen doch in eine andere Richtung gehen bietet Slingfin andere Varianten des Zeltes an. Entweder man entscheidet sich gleich beim Kauf für die „richtige“ Variante oder man kauft später die fehlenden Komponenten zu.

Varianten des Slingfin Crossbow 2

  • Mesh – hierbei handelt es sich um das Crossbow 2 mit Mesh-Innenzelt. Ideal für Sommer und 3-Jahreszeiten-Nutzung.
  • 4-Season – hierbei handelt es sich um das Crossbow 2 mit Innenzelt aus Polyamid. Hier steht die Nutzung bei widrigen Wetterbedingungen und Winternutzung im Vordergrund
  • Storm-Pak – Hier wird das Außenzelt des Zeltes mit einer Bodenwanne (ohne Moskitonetz) gepaart, um Gewicht zu sparen. Hier steht die Nutzung in der mückenfreien Nebensaison mit Fokus auf Gewichtsreduzierung im Vordergrund.

Das Außenzelt, Gestänge etc. ist bei den unterschiedlichen Varianten identisch. Man kauft sich später also nur das passende Innenzelt dazu. Wenn ich mein Crossbow 2 Mesh also häufiger im Winter einsetzen möchte, dann kann ich mir lediglich das Innenzelt zukaufen.

Testzeitraum und Testareal

Ich habe das Zelt die gesamte Saison testen dürfen. Neben dem ein oder anderen Familiencamp ist es hauptsächlich in den Allgäuer Alpen mit mir unterwegs gewesen. Mir hat dabei, soviel vorweg, der einfache Aufbau und die freistehende Konstruktion gefallen (wenn der Sch*&ss Hering halt doch mal wieder nicht in den Boden will).

Gewicht des Zeltes im Kontext

2060 Gramm wiegt mein Crossbow 2 Mesh. Das ist im Vergleich zu vielen anderen ultraleichten Zelten natürlich schwer. Im richtigen Kontext ist das Zelt aber vergleichsweise leicht. 

Das Zelt ist ein freistehendes Kuppelzelt, das aufgrund seiner Bauweise und technischen Details wenig Raum zum Aufbau braucht und extrem windstabil aufgebaut werden kann.

Freistehende Zelte sind wegen der Stangen schon etwas schwerer. Ultraleichtzelte kommen häufig mit nur einer Stange oder werden mit Trekkingstöcken aufgebaut. Das erfordert in der Regel, dass das Zelt gut abgespannt wird. Geht das mal nicht so gut, so gibts häufig Probleme. Nicht so, wenn das Zelt freistehend ist.

Wie sturmsicher ist das Slingfin Crossbow 2?

Ich hatte in der Testphase weder Sturm noch extrem starken Wind und kann das somit nur halb beantworten. Kuppelzelte stehen, gerade wenn man sie gut abgespannt hat, eh schon recht gut im Wind. Slingfin hat hier aber noch zwei weitere Sachen miteingebaut, die die Winter- und Sturmtauglichkeit erhöhen sollen:

  • Outrigger-System – Hierbei wird die Firststange, die die Apsiden ausspannt mit Trekkingstöcken stabilisiert und abgespannt. Dadurch kommt das Dach noch besser mit Schneelast klar und die Abspannung über die Trekkingstöcke stabilisiert das Zelt.
  • Interne Abspannschnüre – Hierbei werden Abspannschnüre im Innenzelt gespannt, um das Gestänge vom Innenzelt aus zu stabilisieren.

 

Ich habe bis dato noch nichts gefunden, würde aber echt gerne mal einen Windkanaltest vom Slingfin Crossbow 2 sehen bei dem alle Abspann- und Stabilisierungsmöglichkeiten des Zeltes ausgereizt wurden. Das Ergebnis müsste ganz gut ausfallen 🙂

Mein Härtestest mit dem Slingfin Crossbow Mesh 2

Regen in der Nacht auf einer Bergtour, starke Kondensbildung beim Zelten am Diemelsee, viele Nächte bei schönen Bedingungen…geschenkt. Die Verhältnisse waren immer gut genug gewesen, dass ich mir eh nicht wirklich habe Sorgen machen müssen.

Doch vor kurzem war das dann ein bisschen anders. Ich hatte für nach der Arbeit einen einfachen Overnighter geplant. Von Baad im Kleinwalsertal aus wollte ich 1-2 Stunden den Berg hoch und mich dann irgendwo ablegen. 

Als ich loslief regnete es in Strömen, doch zum einen dachte ich ja, dass das eh noch nachlässt, zum anderen war das ja mal eine gute Möglichkeit zu schauen wie sich das Zelt bei Regen aufbauen lässt. Würde das klappen ohne das Innenzelt nass werden zu lassen?

Ich lief in die Dämmerung und später in die Dunkelheit. Der Regen als mein stetiger Begleiter ließ die Bergbäche ansteigen und ich musste durch den ein oder anderen durchwaten. Mit steigender Höhe wurde es kälter und auf einmal wich der Regen dem einsetzenden Schneefall. Na prima 🙂 

Auf einmal wurde der sichere Zeltaufbau zu was ziemlich wichtigem. Ich war schon ein bisschen durchweicht und die einsetzende Kälte zog ganz schön Energie. Während einem beim Laufen natürlich warm wird war klar, dass ich mich beim Zeltaufbau echt würde beeilen müssen, um aus den klammen Sachen raus und in den warmen Schlafsack reinkommen zu können.

Zeltseitig war jetzt nicht viel Platz für Fehler. Der Aufbau musste sitzen, dass Zelt musste ordentlich stehen, dass ich die Nacht sicher überstehen würde.

Na dann mal los.

Innenzelt und Außenzelt hatte ich noch zu Hause zusammengeklippt, damit ich die beiden zusammen in einem Rutsch würde aufbauen können. Ich zog das Zelt aus dem Packsack und fixierte zwei Ecken des Zeltes mit Heringen am Boden, damit mir der Wind das Zelt nicht wegblasen konnte. Dann schnell die beiden langen Stangen durch das Strutsystem geschoben (hey und ich hatte schon scheiß kalte Pfoten) und schon stand das Teil schon fast. Rucksack ins Zelt geschmissen, dann noch die Firststange rein und schon war ich im Zelt und ließ das kalte Weiß vor der Türe. In Ruhe habe ich dann noch das Innenzelt ins Strut-System eingeklippt und fing an es mir gemütlich zu machen.

Die Schneeflocken blieben auf dem Zelt liegen und dämpften die Geräusche von außen und nicht allzuviel später war ich im Land der Träume, der nur dadurch hin und wieder gestört wurde, das mein Schlafsack ein wenig unterdimensioniert war und ich mir noch weitere Sachen anziehen musste, um durchschlafen zu können.

Fazit

Ja, auch für mich gibt es die Fälle in denen ich ein etwas schwereres Zelt einem leichteren vorziehe. Zum einen sind das Fälle in denen wenig Spielraum für Fehler ist und zum anderen auch, wenn ich mit Leuten unterwegs bin , denen ein „echtes“ Zelt einfach lieber ist. Die Stabilisierungsmöglichkeiten haben mich voll überzeugt und auch wenn ich das Zelt jetzt hauptsächlich von Frühjahr Bis Herbst im Einsatz hatte, möchte ich unbedingt schauen wie es sich im Winter schlägt. Und von meiner Arbeitsstelle in Baad habe ich mittlerweile beste Vorraussetzungen für Tests unter knackigen Bedingungen.