Was hat Bergwandern mit der Sesamstrasse zu tun und warum sollten zwei Wanderer auf dem GR11 in den spanischen Pyrenäen eine unbescholtene Stoffpuppe namens „Oscar aus der Mülltonne“ bestehlen?
Alina und ich stiegen aus den spanischen Bergen hinunter nach Encamps in Andorra, um Lebensmittel zu kaufen. Wir hatten Heisshunger auf alle möglichen Dinge und kauften ordentlich ein, obwohl wir wussten, dass unsere Rucksäcke dadurch nicht leichter werden würden. Doch selbst der amerikanische Leichtgewichtsguru Ray Jardine sagt ganz klar, dass man keinesfalls beim Essen sparen sollte.
Unsere Vorgehensweise war beim Einkaufen immer dieselbe. Zuerst wurden Treats eingekauft. Treats ist unsere Bezeichnung für alle Lebensmittel, die wir sofort als Belohnung für die Anstrengungen der letzten Tage in uns hineinstopfen wollen. Manchmal heben wir uns aber auch ein paar Treats für den Weg auf und manchmal ist ein Treat auch ein mit leckerem Getränkepulver versetztes Wasser. Aussenstehende würden es schwer haben immer sofort zu verstehen welche Art von Treat wir meinen.
Nach den Treats müssen die Lebensmittel für die nächsten Tage eingekauft werden. Mit größter Sorgfalt überlegt man, was man braucht und stürmt dann nach draussen, um eben erwähnte Treats zu essen. Nach Eliminierung der Treats wird der Müll weggebracht, den man zwangsläufig durch das Entfernen der Umverpackungen etc. verursacht hat. Mülltonne auf und siehe da…
…und siehe da wir hatten das Versorgungslager von Oscar the Crouch alias Oscar aus der Mülltonne gefunden. Der gesamte Supermarkt-Müllcontainer war voll mit in Plastikfolie eingepackten Kuchen, Stückchen und weiteren Treats. Vor kurzem hatten Alina und ich beide das Buch „The Last American Man“ gelesen; eine Biografie über einen Amerikaner, der auch heute noch das Leben in der Wildnis sucht und nur manchmal Treats aus städtischen Mülltonnen sammelt. Inspiriert von diesem Buch und völlig ohne Respekt vor Oscars Vorräten packten wir einige seit 2 Monaten abgelaufenen Kuchen in unsere Rucksäcke. Natürlich haben wir die Kuchen später auch gegessen. Wieder einmal zeigte sich, dass viele Lebensmittel heute voll von Konservierungstoffen sind und auch weit über das Verfallsdatum essbar sind.
Konservierungsstoffe hin oder her, wir hatten einen Treat mehr und Oscar einen weniger 🙂